«Wir bauen unser Unternehmen aktiv um, statt zu warten.»
BICO hat die erste kreislauffähige Matratze auf den Markt gebracht. Jens Fischer ist Director Marketing, Produktentwicklung und E-Commerce und Geschäftsleitungsmitglied Hilding Anders Switzerland AG, zu der die Marke BICO gehört. Er spricht über eigene Eco-Richtlinien, Matratzen-Recycling und Swissness.
The Business Class Magazin – Jens Fischer, was war die Motivation für die erste kreislauffähige Matratze «Isabelle» in der Schweiz?
Nachhaltigkeit ist fester Bestandteil unserer Strategie. Unser Ziel ist es, Produkte so weit wie möglich zirkulär zu gestalten. Dabei stossen wir natürlich auch an Grenzen – die wir jedoch als Marktführer in enger Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten immer wieder verschieben. Mit der Isabelle-Kollektion nehmen wir bewusst eine Pionierrolle ein und beweisen, dass Nachhaltigkeit keine Kompromisse bei Komfort oder Preis-Leistungs-Verhältnis erfordert. Denn Kund:innen wollen beides: Nachhaltigkeit und erstklassigen Schlaf. Gleichzeitig bereiten wir uns auf steigende Anforderungen von Endverbraucher:innen, Handelspartnern und dem Gesetzgeber vor. Wir sehen uns in der Verantwortung, hier voranzugehen.
Wie stellen Sie sicher, dass die Kreislauffähigkeit nicht zulasten des Komforts geht?
Die grösste Herausforderung war es, Komfort, Kosten und Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen. Vieles lässt sich durch neue Herangehensweisen lösen, manches erfordert innovative Materialkombinationen oder engere Zusammenarbeit mit unseren Zulieferern. Ein Beispiel: Durch die komplette Umstellung auf ein Textil aus post-consumer-rezykliertem Material bleiben wir nahezu kostenneutral. Zudem setzen wir auf neue Materialien und Konstruktionen, die Komfort und Langlebigkeit erhöhen. Das Ergebnis sind Matratzen, die nicht nur nachhaltig, sondern auch qualitativ überzeugend sind. Denn echte Nachhaltigkeit funktioniert nur, wenn sie keine Abstriche bei der Produktqualität bedeutet.

In der Schweiz gibt es bisher keine gesetzlichen Vorschriften zu nachhaltigem Matratzendesign. Warum war es für BICO wichtig, eigene Richtlinien zu setzen?
Der Blick auf Entwicklungen in der EU, der OECD und der Schweiz zeigt klar, wohin die Reise geht. Noch gibt es keine verbindlichen Vorgaben, doch wir übernehmen Verantwortung – nicht nur, um gesetzliche Anforderungen vorwegzunehmen, sondern weil wir an eine nachhaltige Zukunft glauben. Wir bauen unser Unternehmen aktiv um, statt zu warten. Wenn neue Vorschriften kommen, sind wir bereits optimal aufgestellt.
Könnten Sie uns mehr über die EcoDesign-Richtlinien erzählen?
Unsere EcoDesign-Richtlinien basieren auf den Vorgaben der EU, der OECD und den Nachhaltigkeitszielen der Schweiz. Wir haben diese speziell für unsere Branche anwendbar und messbar gemacht. Sie sind fester Bestandteil unseres Entwicklungsprozesses und werden in unserem SleepLab auf Komfort und Langlebigkeit getestet. Erst wenn ein Produkt diese Kriterien erfüllt, kommt es ins Sortiment.
Wie können andere Matratzen-Hersteller von den EcoDesign-Richtlinien profitieren?
Unsere EcoDesign-Richtlinien sind bewusst offen gestaltet und für alle Hersteller nutzbar. Durch die Zusammenarbeit mit der AEH gewährleisten wir eine neutrale, glaubwürdige Bewertung. Zudem haben wir mit unseren Zulieferern neue Materialien und Wege entwickelt, die nun allen für ihre eigenen Entwicklungen offenstehen. Bewusst haben wir darauf verzichtet, Exklusivitätsvereinbarungen abzuschliessen.
«Wir entwickeln und produzieren in Schänis (SG) und stehen mit voller Überzeugung für Schweizer Qualität. Unser Fokus liegt klar auf den Bedürfnissen der Schweizer Verbraucher:innen – im Sinne des tüüfä gsundä Schlaaf.»
Jens Fischer, Director Marketing, Produktentwicklung und E-Commerce sowie Geschäftsleitungsmitglied Hilding Anders Switzerland AG
Im Rahmen der Matratzen-Allianz Schweiz engagiert sich BICO für einen nachhaltigeren Umgang mit alten Matratzen. Was sind die grössten Herausforderungen?
Als Gründungsmitglied der Matratzen-Allianz und in meiner Rolle als Präsident des Verbands arbeite ich intensiv an einer landesweiten Recyclinglösung. Die grösste Herausforderung ist, dass das System auf Freiwilligkeit basiert und einige Akteure profitieren, ohne sich zu beteiligen. Die Finanzierung ist ein weiteres Schlüsselthema. Dennoch sind wir zuversichtlich: Andere Branchen haben gezeigt, dass ein funktionierendes Sammelsystem möglich ist. Mit starken Partnern bereiten wir aktuell einen Pilotversuch mit dem Kanton Aargau vor.
Was steckt hinter dem Sustainability Score von BICO?
Unser Sustainability Score bringt Transparenz. Er basiert auf den EcoDesign-Kriterien und gibt Verbraucher:innen eine einfache Orientierungshilfe. Gleichzeitig ist er unser eigener Ansporn, jede Produktentwicklung kontinuierlich zu verbessern.

Welche Rolle spielt das «Good Night’s SleepLab»?
Unser SleepLab feiert sein 10-jähriges Bestehen und ist für uns ein unschätzbares Werkzeug. Hier testen wir neue Materialien und Konstruktionen unter realen Bedingungen und optimieren sie in Rekordzeit. Erkenntnisse aus der Zusammenarbeit mit Schlafforschern und Physiotherapeuten fliessen direkt in unsere Produktentwicklung ein. So stellen wir sicher, dass unsere Matratzen wissenschaftlich fundierte Lösungen für besseren Schlaf bieten.
Wie verankert BICO seine Swissness als Teil des internationalen Unternehmens Hilding Anders AG?
Wir entwickeln und produzieren in Schänis (SG) und stehen mit voller Überzeugung für Schweizer Qualität. Unser Fokus liegt klar auf den Bedürfnissen der Schweizer Verbraucher:innen – im Sinne des «tüüfä gsundä Schlaaf». Gleichzeitig profitieren wir von den Ressourcen unseres schwedischen Mutterkonzerns, sei es in der Forschung oder beim Zugang zu wichtigen Lieferanten. Die Kombination aus lokalem Fokus und Unterstützung des Mutterkonzerns macht uns stark und wettbewerbsfähig.
Ist Nachhaltigkeit auch ein Erfolgsrezept für wirtschaftliches Wachstum?
Ja, Nachhaltigkeit umfasst ökologische, soziale und wirtschaftliche Verantwortung. Langfristiger Erfolg erfordert eine gesunde Balance zwischen diesen Aspekten. Wir sind nicht perfekt, aber wir gehen konsequent Schritt für Schritt voran. Gleichzeitig bauen wir unser Omnichannel-Konzept aus, um unsere Kund:innen bestmöglich zu erreichen. Dabei setzen wir auf eine enge, konfliktfreie Zusammenarbeit mit unseren Handelspartnern. Denn als starke Marke müssen wir präsent sein – online wie offline – um ein direktes Markenerlebnis zu bieten.