MSC Grandiosa – eine Feldstudie in Luxus
Boarding mit 6’334 neuen Freunden. Willkommen in Genua, dem Ort, an dem sich Urlaubssehnsucht und Gedränge auf 331 Metern Schiffslänge verdichten. Die genaue Location? Die MSC Grandiosa. Ein schwimmendes Resort, das mehr Einwohner fasst als so mancher Alpenort. 19 Decks. 6’000-plus Menschen. Und ein Buffet, das aussieht wie der Endgegner eines Wellness-Wochenendes.
Von Antje-Katrin Schaniel, Text und Photos – The Business Class Magazin. Ich? Mitten drin – aber nur für exakt vier Minuten. Denn mein Ticket trägt ein Symbol: Yacht Club. Zwei Worte, die auf diesem Schiff mehr verändern als jede Kabinenkategorie.
Der Fahrstuhl in den Himmel über dem Trubel. Yacht Club bedeutet: Kein Check-in zwischen Rollkoffern und WhatsApp-Gruppen. Kein Selfie-Stampede beim Einschiffen. Stattdessen: ein Glas Champagner, ein Concierge mit innerem Ruhepuls von 40 und ein eigener Eingang. Das hier ist First Class auf See – aber ohne Flugmodus.
Oben, im Club der Goldarmbänder, ist die Welt anders. Leiser. Duftender. Serviceorientierter. Suiten mit Meerblick, Parfum statt Pommes, Frühstück ohne Lärmpegel – und ein Gefühl, als wäre man nicht verreist, sondern angekommen.
Zwei Realitäten, ein Rumpf. Die MSC Grandiosa ist ein Dualsystem. Unten: Poolparty, Crocs, Chicken Nuggets. Oben: Ruhe, Raum, Riesling. Das Faszinierende? Man darf überall hin. Muss aber nicht. Und genau darin liegt die wahre Freiheit.
Manchmal gehe ich «runter». Ins bunte Leben der Buffetlinie, wo Ellbogenargumente und Tablett-Tetris den Ton angeben. Und ja – es hat Charme. Chaos mit System. Und Pizza, die ernsthaft Massstäbe setzt (Stichwort: Mozzarella mit Charakter) all selfmade on board.
Kulinarik auf zwei Ebenen. Yacht Club Restaurant: Frühstück mit pochiertem Ei, serviert wie Haute Couture. Mittags fangfrischer Fisch, abends Kalbsfilet mit Portweinjus. Hier isst man nicht, man lebt ästhetisch.
Deck 15 Buffet: Menschen mit Flip-Flops und vier belegten Tellern auf dem Tablett. Der Lärmpegel: Hoch. Die Auswahl: Höher. Und dann – die Pizza. Dünner Boden, Tomate wie von Nonna, Käse mit Persönlichkeit. Besser als vieles, was an Land «italienisch» genannt wird. Ungelogen und nicht übertrieben einfach genial!
Zwischen Broadway und Balkonkabine. Tagsüber: Schiffserkundung. Die LED-Galerie auf Deck 6 wirkt wie eine Modenschau zwischen Duty-Free und Daydrinking. Das Theater? Hochsee-Variante von West End. Bars, Cafés, Shops – eine schwimmende Metropole mit Cocktailkarte. Ich spiele jede Rolle mit: Flanierender Beobachter. Restaurantkritiker. Stiller Geniesser. Nur eben mit Butler statt Badelatschen.
Landgänge mit Sehnsuchtsrückfahrkarte. Rom, Palermo, Valencia, Ibiza – Namen wie aus einem Reisekatalog. Ich war da. Und doch war meine Lieblingsadresse immer dieselbe: Suite 18003, Yacht Club. Duftkerze, Pralinen, Meeresrauschen.
Fazit: Nie wieder «normal». Die MSC Grandiosa ist eine Meisterleistung der Massenlogistik. Wer Economy bucht, bekommt Erlebnis mit Anstehen. Wer Yacht Club wählt, bekommt Urlaub mit Horizont. Man kann das Schiff Titanic nennen – aber hier sinkt niemand. Ausser der Lärmpegel, sobald man die goldene Tür passiert.
10 Fun-Facts über den MSC Yacht Club
(Oder: Warum du nie wieder «normal» buchen willst)

- Ich bin durch einen Privat-Eingang aufs Schiff. Weil ich offensichtlich zu sensibel für Menschenmassen bin. Oder zu gut gelaunt für Wartezeiten. Wahrscheinlich beides.
- Mein Armband kann Türen öffnen – und mein Ego aufblasen. Es ist aus Plastik, aber trägt sich wie Titan. Ich hab’s nie abgenommen. Auch nicht beim Duschen. Man weiss ja nie.
- Der Butler bringt mir Kaffee, bevor ich überhaupt wach bin. Ich vermute, er horcht an der Tür, wann ich mich drehe. Wenn das kein Service ist, weiss ich auch nicht.
- Du hast einen privaten Pool – aber keine Lust, nass zu werden. Weil die Liege, das Handtuch und der Service einfach zu gut sind, um sie zu verlassen.
- Im Yacht Club gibt’s keine Schlange. Ausser in der Barkarte. Dort schlängeln sich 63 Cocktails an meinem Willen vorbei, nur um bestellt zu werden.
- Du verlässt den Yacht Club nur, wenn du bereit bist für Feldforschung. Unten ist wild. Oben ist Wohlfühlen. Und du bist der Anthropologe mit Abendgarderobe.
- Ich bin einmal «runter» zum Buffet – rein journalistisch. Ich sagte «Feldstudie», meinte aber: «Ich will die legendäre Pizza probieren, über die das Deck 5 flüstert.»
- Der Aufzug hat 19 Knöpfe – du drückst aber immer nur 15 bis 19. Weil unter Deck 14 einfach… nichts für dich ist. Ausser du willst mal gucken, wie «normal» aussieht.
- Die Ruhe im Yacht Club ist so tief, du hörst fast deine Gedanken. Und das auf einem Schiff mit 6’000 anderen Menschen. Es ist, als hätte jemand Geräuschunterdrückung für deine Urlaubsrealität erfunden.
- Du gehst am Ende von Bord und denkst: Warum wohne ich eigentlich nicht hier? Kurze Antwort: Weil der Butler zu beschäftigt wäre, deine Steuererklärung zu machen.
Fazit. Ja, der Yacht Club ist dekadent.
Ja, es ist komplett übertrieben.
Und ja, ich buche wieder. Weil ich einfach nicht gemacht bin für normales Reisen.