«Mein Alltag ist nicht der einer ‹normalen› Ärztin»
Dr. Liv Kraemer ist eine Zürcher Fachärztin für Dermatologie und Gründerin der Dr. Liv Clinic. Sie ist spezialisiert in Themen rund um Hautpflege, Cosmeceuticals, Nutraceuticals, Laserbehandlungen und präventive Dermatologie. Neben der Tätigkeit in ihrer Klinik entwickelt Dr. Liv ihre eigene Hautpflegelinie – weltweit. Im Interview spricht sie über ihre Reise von der Chirurgie in die Dermatologie, gibt hilfreiche Tipps zum Thema Sonnenschutz und verrät ihre Meinung zum aktuellen Trend Topic der Longevity.
Dr. Liv Kraemer, wie kamen Sie zur Dermatologie?
Bereits als Kind hatte ich den Traum, Ärztin zu werden. Als Jugendliche habe ich gemodelt und deshalb fast mein Abitur aufgeschoben. Da meine Mutter über 30 Jahre lang High-Fashion Model war, wusste ich allerdings, dass das nicht mein Langzeitjob werden wird. So habe ich kurzerhand mit dem Modeln aufgehört und mein Medizinstudium begonnen. Ursprünglich wollte ich Herzchirurgin werden, deshalb habe ich auch bei Prof Hetzer im Herzzentrum Berlin promoviert und zwar über die Herstellung von Herzklappen aus körpereigenen Zellen (Tissue Engineering), was mich dann über Umwege in die Stammzellforschung und die Genetik gebracht hat. Erneut über Umwege landete ich in der Charité in Berlin, Texas, Princeton und NYC. Anfang 2000 war gerade Beauty ein neuer Zweig der Dermatologie und ich durfte früh dabei sein. Auf einmal schloss sich der Kreis: Science, Dermatologie und Beauty. Mit weiteren Umwegen über Berlin, UAE, USA, Österreich und London landete ich dann in der Schweiz, wo ich die Dr. Liv Clinic eröffnete, welche dieses Jahr bereits ihren 10. Geburtstag feiert.
Wie sieht ihr Arbeitsalltag aus?
Nun, der Beruf der Ärztin und des Arztes ist sehr hart, mit langem Studium, langer Ausbildungszeit, langen Arbeitszeiten, viel Verantwortung und viel Druck. Ich habe das Glück, mit meiner Tätigkeit den Menschen zu einer schöneren Haut zu verhelfen und ihnen viel über Prävention beibringen zu dürfen. Mein Tag besteht zwar auch aus 11-14 Arbeitsstunden, aber ich darf sie mir frei einteilen. Dienstage und die Wochenenden sind meine clinic-freien Tage. Diese nutze ich für die Erstellung von Tiktok-, Instagram- oder Youtube-Videos und forsche im Labor an meinen Produkten. Ich gebe auch Vorlesungen für Medizinstudentinnen und -studenten an der Charité in Berlin, gebe Vorträge zu «Longevity» und Prävention für Grossunternehmen oder Banken, besuche aber auch gerne selber Konferenzen, um mich weiterzubilden.
Mit welchen Anliegen kommen Ihre Kundinnen und Kunden am häufigsten zu Ihnen?
Die Fragen sind immer ähnlich: wie bekomme ich eine schöne, gesunde Haut mit einer einfachen Routine? Natürlich gibt es medizinische Massnahmen, manchmal reicht jedoch schon das einfache 1×1 der Hautpflege aus, um die Haut zu verbessern. Ich sage immer: Die Haut ist ein Organ, so wie die Muskulatur. Beides kann man trainieren. Man kann nicht erwarten, ein Sixpack zu bekommen, nur indem man einmal ins Fitnesscenter geht. So kann man aber auch nicht erwarten, dass die Haut sich verbessert, weil man einmal eine Creme oder ein Serum aufträgt. Mit einer guten Skincare Routine und qualitativ hochwertigen Produkten kann man durchaus eine schöne, glatte und ebenmässige Haut erzielen und dunkle oder rote Flecken eliminieren.
«Das war auch der Grund, warum ich die Dr. Liv Skincare Linie entwickelt und lanciert habe.»
Kürzlich haben Sie diese in neuem Design gelauncht. Was dürfen Kundinnen und Kunden erwarten?
Das Packaging ist nach wie vor schlicht gehalten, jedoch wird das zuvor schwarz-weiss monochrome Design bunter. Dabei geht es um mehr als nur ums Aussehen, denn die neuen Farben dienen als Spickzettel für unser Skincare System. Ein Blick auf die Verpackung zeigt dabei ganz genau, zu welchem Routineschritt das Produkt gehört. Das Ziel meines Skincare Systems ist, Hautpflege so einfach wie möglich zu machen und klar aufzuzeigen, wann welches Produkt verwendet werden sollte. Pro Routine Schritt ist neu je eine Farbe vorgesehen: Somit steht Blau für die Reinigungsprodukte (Cleanse), Pink für die Pflegelinie (Treat) und Gelb für den UV-Schutz (Protect). Die bewährten Rezepturen, die des Smoothing Cleansers, des Day Shields und des Overnight Smoothers, bleiben die gleichen.
Aktuell wird viel über das Thema Longevity, d.h. die Verlangsamung des Alterns berichtet. Wie stehen Sie zu diesem Thema?
Bei der Longevity geht es für mich vor allem darum, dass man sich über das ganze Leben hinweg um die eigene Haut kümmert und so versucht, sie so gesund wie möglich zu halten. Die Verlangsamung des Alterns ist ein positives Beiprodukt dieses Versuchs, aber nicht zwingend dessen Fokus. Viele von uns achten auf ihre Ernährung und treiben Sport, um ihren Körper fit zu halten – die Haut wird in dieser Rechnung aber oft ausgelassen, obwohl sie für unsere Gesundheit ebenso wichtig ist und diese im schlimmsten Fall (beispielsweise bei Hautkrebs) sogar extrem beeinträchtigen kann. Aus diesem Grund versuche ich durch meine Marke Dr. Liv Skincare eine Hautpflege zu vermitteln, mit der man die eigene Haut ein Leben lang unterstützen kann und als Ergebnis natürlich auch Hautproblemen und frühzeitiger Hautalterung vorbeugt.
Wie sieht eine solche Hautpflege aus und was sind Ihre Tipps für eine optimale Routine?
Wie in allen meinen Social-Media-Videos plädiere ich auch in der Clinic bei der Hautanalyse dazu, die Routine möglichst simpel zu gestalten. Es reichen bereits wenige Produkte, um den Grossteil der Hautpflege abzudecken. Wichtig ist, wie gesagt, die Routine und die tägliche Anwendung der Produkte. Es beginnt bereits am Morgen mit dem Waschen des Gesichts. Ich empfehle immer einen Fruchtsäure-Waschschaum. Für Neulinge reicht es, danach einen UV-Schutz aufzutragen. Am Abend wieder das Gesicht waschen und dann je nach «Trainigslevel» Fruchtsäure, Retinol oder eine einfache Basiscreme mit Microbiom aufbauenden Inhaltsstoffen.
Stichwort UV-Schutz, wie wirken UV-Strahlen auf unsere Haut?
Die UV-Strahlung beschleunigt vor allem die Hautalterung und macht ganze 80% dieser aus. Besonders die sehr energiereichen UVA-Strahlen, die sogar durch Fensterscheiben dringen können, sind dafür verantwortlich. UVA, A wie Aging, dringt also ungefiltert in die tiefen Hautschichten ein und zerstört dort unser Kollagen, was etwa zu Falten im Gesicht führt. Leider kommt es auch zur Zerstörung weiterer Areale in der Haut, was wiederum zu Pigmentstörungen und Rötungen führt. UVB, B wie Burning, verursacht Sonnenbrand und kann zusammen mit UVA Mutationen in den Hautzellen erzeugen, was zu Krebs führen kann.
Wie schützen wir uns am besten davor?
Gerade jetzt im Sommer lockt das schöne Wetter viele in die Badeanstalten und dementsprechend an die pralle Sonne. Doch wer sich vor UV-Strahlung schützen möchte, soll sich im Schatten aufhalten, lange Kleidung und Hut tragen und täglich alle 2-3 Stunden einen Sonnenschutz mit mindestens SPF 30 und einem UVA-Schutz auftragen – dies übrigens 365 Tage im Jahr und nicht nur an sonnigen Tagen. Wichtig ist zu verstehen, dass sich der SPF, also der Sun Protection Factor, nur auf das Filtern von UVB bezieht. Zwei Beispiele: Ein SPF 30 filtert 97 Prozent der UVB-Strahlen, ein SPF 50 nur marginal mehr, nämlich 98 Prozent. Es gilt: immer auch auf das UVA-Zeichen achten.
Ist es möglich, Sonnenschäden rückgängig zu machen?
Das ist zu einem gewissen Mass möglich. Wenn man jeden Tag UV-Schutz aufträgt, bekommt man weniger Hautschäden, und die DNA-Reparaturmechanismen können langsam, aber stetig frühere Schäden beseitigen. Deshalb gilt: Verlassen Sie das Badezimmer morgens nie ohne UV-Schutz.

Bildcredit: DLMC AG