Die kleine Feuerkugel
Die Abkürzung GTS könnte bei Porsche glatt für «GehnichTmehrSportlicher» dstehen. So gut, wie der neue 911 GTS abgestimmt ist, könnte man fast geneigt sein zu behaupten, dass es den 911 Turbo in der aktuellen 911-Linie nicht mehr braucht. Also nicht grad den Turbo S, aber den Turbo.
Text: Matej Mikusik, Fotos: Porsche
Doch zuerst mal der Reihe nach. Des 911er Carrera 4 GTS Cabrio sieht einfach nur wunderschön aus – unser Testwagen strahlt im feurigen orange-rot, als würde er die anderen am Verkehr teilnehmenden Automobile warnen wollen: «Platz da, jetzt komme ich!» In der Konfigurationssprache heisst die Farbe karminrot.
Das niveauvoll gemachte Interieur umhüllt den Fahrer wie ein Kokon, der Duft von edel verarbeitendem Leder steigt in die Nase. Nach wie vor: das ganze Armaturenbrett des 911, die Haptik, das sensorische Erlebnis – der Einstieg ins Cockpit eines 911er ist wohl eine der zurzeit schönsten automobilen Sinneserfahrungen am Markt.

Schwarze Kontrast-Elemente an der Karosserie sowie abgedunkelte Bereiche der Scheinwerfer prägen die sportlich-dezente Optik der neuen Mitglieder der 911-Familie. Auch im Interieur ist Schwarz die dominierende Farbe. Zahlreiche Umfänge aus dem Mikrofaser-Material Race-Tex sorgen für ein ebenso dynamisches wie edles Ambiente.
Vor zwölf Jahren hat Porsche den 911 erstmals als GTS-Modell vorgestellt. Jetzt ist die neue Generation so leistungsstark, fahrdynamisch und optisch eigenständig wie noch nie. Das Herzstück – der Sechszylinder-Boxermotor – leistet 480 PS. Das sind 30 PS mehr als beim aktuellen 911 Carrera S oder beim vorherigen 911 GTS. Für den Standard-Sprint von null auf 100 km/h vergehen beim 911 Carrera 4 GTS Cabrio mit Achtgang-Porsche-Doppelkupplungsgetriebe (PDK) lediglich 3,5 Sekunden. Für wahre Petrolheads gibt’s als Alternative zum PDK ein Siebengang-Schaltgetriebe mit besonders kurzen Schaltwegen.
Mit diesen Leistungsmerkmalen ist der GTS quasi der kleine Turbo. Für PS-Fanatiker stellt sich nun ernsthaft die Frage, ob das Mehr an Leistung zum Turbo Cabriolet den Aufpreis von Fr. 50’000 wert ist. Klar hat der Turbo noch ein bisschen mehr Wumms! Aber was dieser neue GTS bietet, ist mehr als genug an Sportlichkeit. Mit dem erstmals für den GTS verfügbaren Leichtbau-Paket verbessert sich die Fahrdynamik weiter. Bis zu 25 Kilogramm beträgt die Gewichtsersparnis.
Es kommt noch besser: Das vom 911 Turbo abgeleitete und auf den GTS abgestimmte Fahrwerk erfüllt so fast alle Performance-Ansprüche. Dank serienmässigem Porsche Active Suspension Management (PASM) reagieren die Dämpfer blitzschnell auf dynamische Veränderungen. Beim Cabriolet ist das PASM serienmässig mit dem um zehn Millimeter tiefergelegten Sportfahrwerk kombiniert. Von den Turbo-Modellen stammt auch das Konzept mit Helper-Federn an der Hinterachse: dadurch sind die Hauptfedern bei allen Fahrzuständen unter Spannung – das Feeling dabei am Steuer ist wundervoll. Der Ausfederweg bleibt erhalten.
Auch bei der Verzögerung vertraut der GTS auf die Hochleistungsbremse des 911 Turbo. Vom 911 Turbo S stammen die vorne 20 Zoll beziehungsweise hinten 21 Zoll grossen, schwarzen Leichtmetallräder mit Zentralverschluss. Die serienmässige Sportabgasanlage sorgt dank GTS-spezifischer Abstimmung und Entfall eines Teils der Interieurdämmung für ein brummig-wuchtiges Sounderlebnis. Die Porsche Ingenieure nennen es – etwas zu bescheiden – ein noch emotionaleres Sounderlebnis.
Fazit: Das Gesamtpaket stimmt beim 911er Carrera 4 GTS Cabrio – es wird Sport pur versprochen und es ist Sport pur. Der Preis unseres Testwagens: Fr. 231’920.00. Das war aber noch im Mai. Allein der Grundpreis dieses Modells wurde seither von Fr. 201’800.00 auf Fr. 205’700.00 (Stand 13.11.2022) angehoben.
Bildcredits: Porsche; Photo by Hoch Zwei für Porsche