Check deine Company-Health!
Wir arbeiten remote, im Home-Office oder am Abend. Das ist eine schöne neue Welt und kann viele positive Aspekte haben, aber auch einige neue Herausforderungen mit sich bringen. Wie etwa im Bezug auf gesundheitliche Aspekte am Arbeitsplatz.
Autor: Patrick Wegmann, Chairman und Managing Director Consulting & Operations bei Lifetec AG
Wir können in immer mehr Jobs ziemlich flexibel wählen, wann und wo wir arbeiten möchten. Das macht vieles einfacher. Die neu gewonnene Flexibilität hilft den Fachkräften beispielsweise, Job und Familie unter einen Hut zu bringen. Den Unternehmen hilft das wiederum, diese Fachkräfte und Talente überhaupt zu finden und für sich zu gewinnen.
Flexible Arbeitsmodelle können die Gesundheit stärken – oder auch nicht
Diese Flexibilität erlaubt es den Mitarbeitenden ausserdem, nervende Pendlerzeiten zu umgehen und für die passenden Arbeiten die passenden Arbeitsumgebungen zu wählen. Dadurch können sie Stress und unnötige Belastungen vermeiden. Und das müssen sie auch: Verschiedene Gesundheitsbefragungen zeigen deutlich, dass der Anteil der mittel oder stark von psychischen Belastungen betroffenen Arbeitnehmenden stetig steigt.
Auch wenn die Statistiken sagen, dass junge Menschen besonders häufig von psychischen Belastungen betroffen sind, zeigen die gleichen Statistiken auch, dass dieses Thema in allen Altersklassen, in allen Branchen und Berufen und in allen sozialen Schichten eine gewichtige Rolle spielt. Mentale Gesundheit hat wenig damit zu tun, ob jemand Lehrer:in oder Reinigungsfachkraft ist. Auch nicht damit, ob jemand angestellt oder selbständig ist. Stress, Erschöpfung, Burnout oder Depressionen machen vor solchen Definitionen nicht Halt.
Während flexible Arbeitsmodelle manchen Menschen helfen, ihre mentale Gesundheit zu pflegen, haben sie für andere Mitarbeitende jedoch einen gegenteiligen Effekt. Zum Beispiel, wenn ein Home-Office-Tag zwecks Optimierung der Büroflächen ein Muss ist, zu Hause aber dicke Luft oder dauernder Lärm herrscht. Es gibt Mitarbeitende, die sich zu Hause einsam fühlen, sie brauchen die Anwesenheit von Kollegen und Kolleginnen. Auch gibt es Menschen, für die der Gang ins Büro ganz wesentlich ist, um sich auf den Tag einzustellen und die bestmöglichen Leistungen abzurufen. Für sie ist es nicht förderlich, zu Hause zu arbeiten – sie hinken ihrer Arbeit hinterher und das verstärkt den Stress und belastet die mentale Gesundheit.
Mit einem «Quick-Check» ins neue Jahr!
Betriebliches Gesundheitsmanagement ist nötig
Natürlich, nicht alles, was psychisch belastet, hat mit der Arbeit zu tun oder könnte am Arbeitsplatz und im Unternehmen gelöst werden. Das private Umfeld kann zu Stress-Symptomen führen, die sich am Arbeitsplatz manifestieren. Trotzdem gibt es einige rein arbeitsplatzbedingte Themen, denen sich ein Betrieb annehmen kann und sollte.
Das kann er im Rahmen eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) tun. Das BGM sollte Chancen und Risiken sowie daraus abgeleitete Massnahmen beleuchten – und die können sehr individuell sein. Patentrezepte gibt es nicht. Aber Fakten gibt es: BGM spart Kosten durch Absenzen, beispielsweise indirekte Lohnfortzahlungen, Mehrbelastungen im Team, Produktionsausfälle, Lieferverzögerungen oder Know-how-Verlust. Die andere Seite der Medaille ist genauso gut: BGM steigert das Leistungspotenzial der Mitarbeitenden. Verschiedene Studien untermauern das. 30 Prozent der Schweizer Arbeitnehmenden fühlen sich gemäss Job-Stress-Index gestresst, nur 29 Prozent der Betriebe in der Deutschschweiz haben eine systematische BGM-Umsetzung, und es wird geschätzt, dass rund 6,5 Milliarden Schweizer Franken jährlich durch BGM eingespart werden könnten.
Bei der Wahl der Massnahmen im Rahmen von BGM sind der Kreativität kaum Grenzen gesetzt. Dabei ist es wichtig, pragmatische, geschäftsorientierte und systematische Lösungen umzusetzen. Und: Die Wertschätzung gegenüber Mitarbeitenden ist eine Grundvoraussetzung.
Am Markt gibt es eine Menge Fachbücher, Checklisten, Kurse und angeblich pfannenfertige BGM-Konzepte und -Angebote. Leider sind diese oft sehr allgemein gehalten und nehmen kaum oder wenig Bezug auf konkrete Situationen, Unternehmen oder Unternehmenskulturen.
Doch BGM-Strategien müssen zu den Unternehmen und den dort arbeitenden Menschen passen und sollen als ganzheitlicher Kreislauf verstanden werden, sonst werden sie nicht genutzt und sind vergebliche Mühe und verlorenes Geld. Anhaltspunkte aus Standards und Best Practices sind zwar gut und können inspirieren, aber man kann sie nicht einfach adaptieren und von einem durchschlagenden Erfolg ausgehen. Jeder Mensch ist ein Individuum und jede BGM-Massnahme funktioniert für jeden Menschen, jedes Team und jedes Unternehmen ein wenig anders.
Es braucht also Lösungen, die auf das spezielle Arbeitsumfeld der Menschen abgestimmt sind. Und es braucht nicht nur Lösungen, sondern die Mitarbeitenden müssen auch entsprechend geschult werden, damit die Veränderungen im Arbeitsalltag konkrete Mehrwerte bringen. Das heisst beispielsweise, dass Ergonomie unter Berücksichtigung der konkreten Arbeitsabläufe und Körperhaltungen im einzelnen Betrieb und am einzelnen Arbeitsplatz betrachtet, verändert und geschult werden muss. Lassen sich Fehlhaltungen nicht durch Anpassungen der Infrastruktur korrigieren, braucht es spezifische Übungen, um die Auswirkungen der Fehlhaltungen für die betroffenen Mitarbeitenden auszugleichen.
Wer ein wirkungsvolles BGM im Unternehmen entwickeln möchte, sollte mit einer Analyse der Ist-Situation beginnen. In dieser Phase kann es sich auch lohnen, externe Fachpersonen beizuziehen, die entsprechende Strukturen systematisch eruieren und einführen. Es gibt Coaches oder Versicherungen, die solche Dienstleistungen anbieten. Aber am besten machen das Anbieter, die das Thema BGM im Kontext zu vielen verwandten Bereichen aus der Arbeitssicherheit, Sicherheit, Ersten Hilfe, Human Resources und Ähnlichem betrachten können.
Geht Erste Hilfe auch remote?
Auch in Sachen Erste Hilfe verlangen neue Arbeitswelten nach neuen Herangehensweisen. Ein Unternehmen muss gemäss Arbeitsgesetz die Erste Hilfe im Betrieb sicherstellen und dazu gehören ausgebildete Betriebssanitäter. Arbeiten aber alle gerade im Home-Office, bringt das herzlich wenig. Genauso, wenn ein Notfall im Home-Office eintritt. Wie kann man mit diesen neuen Ausgangslagen umgehen und dennoch auf der sicheren Seite bleiben?
Nehmen wir den Fall eines Mitarbeitenden oder einer Mitarbeiterin, die im Home-Office arbeitet – Büroarbeit wohlgemerkt. Sie ist zwar eine allein arbeitende Person, muss gemäss der Gefährdungsbeurteilung als Büromitarbeitende aber nicht überwacht werden. Es kann angenommen werden, dass sie bei einer Verletzung oder in einer kritischen Situation genügend mobil und handlungsfähig bleibt, um entsprechend dem betrieblichen Notfallkonzept selbst sofortige Hilfe herbeizurufen (siehe Seite 15 Suva-Merkblatt 44094). Allerdings müssen Menschen an Einzelarbeitsplätzen – zu denen das Home-Office durchaus gehört – auch psychisch, körperlich und intellektuell dafür geeignet sein. Das heisst zum Beispiel: Mitarbeitende mit einer bekannten Kreislaufproblematik sollte man vielleicht besser nicht allein zu Hause arbeiten lassen.
Nun kehren wir das Ganze einmal um: die Mitarbeitenden sind zwar im Büro, aber alle Betriebssanitäter haben gerade Ferien oder sind im Home-Office. Das ist in einem Notfall äusserst ungünstig und sogar rechtlich ausgesprochen heikel, kann in der Praxis aber durchaus vorkommen. Das verlangt nach einer guten Planung der Home-Office- und Ferientage, aber allenfalls auch nach einer Organisation, die eine grössere Anzahl Personen in Erster Hilfe ausbildet, damit sichergestellt ist, dass im Notfall jemand da ist, der helfen könnte. Auch gibt es Erste-Hilfe-Systeme, die untrainierten Ersthelfern Unterstützung bieten – beispielsweise mittels direkter Verbindung zur Notrufzentrale, die genau anleiten kann. Um zu definieren, welche Lösung sich eignet, kann sich wiederum ein Blick von aussen lohnen. Externe Experten können in sehr kurzer Zeit die gesamten Prozesse durchleuchten und sogenannte «Quick Wins» ausmachen, also kleine Veränderungen oder Massnahmen mit grosser Wirkung.
Die Quellen für diesen Artikel:
Füllmann, D., Schönholzer, T., Flükiger, N., Nauser, O., Jenny, G., Jensen, R. & Krause, A. (2021). Betriebliches Gesundheitsmanagement in der Schweiz: Monitoring-Ergebnisse 2020. Arbeitspapier 54. Bern und Lausanne: Gesundheitsförderung Schweiz.
Ulshöver, C. & Jensen, R. (2022). Job-Stress-Index 2022: Monitoring von Kennzahlen zum Stress bei Erwerbstätigen in der Schweiz. Faktenblatt 72. Bern und Lausanne.
Schweizerische Gesundheitsbefragung (2022), Bundesamt für Gesundheit BAG.
Über Lifetec AG
Das Unternehmen Lifetec AG bietet Dienstleistungen im Bereich betriebliche Erste Hilfe und integrales Risikomanagement. Das Angebot deckt die Bedürfnisse von Unternehmen ab, die das Leben ihrer Mitarbeitenden, Kunden und Lieferanten schützen möchten – von der Analyse über die Konzeption bis zur Umsetzung mit massgeschneiderten Schulungen und Systemlösungen. Gegründet wurde die Lifetec AG im Jahr 2012. Im November 2016 wurde sie von einer Investorengruppe um Dr. Patrick Wegmann übernommen. Wegmann ist Chairman und Managing Director Consulting & Operations des Unternehmens. Die Lifetec AG hat ihren Sitz in Dietikon und beschäftigt 20 Mitarbeitende.
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