« Wir bieten Hilfe für Selbsthilfe für KMUs.»
Das Start-up iosys bringt die KMU-Fertigungsindustrie voran. Chris Ryan, Gründer und CEO verrät uns hier mehr über die Schlüsselrolle der Digitalisierung und Datentransparenz bei der effizienten Produktion. Und sagt uns auch, wie fundiert der KI-Hype wirklich ist.
Von The Business Class Magazin, mm
Chris Ryan, wie entstand die Idee für iosys?
Ich war mehrere Jahre für ein produzierendes Unternehmen tätig. Dort habe ich in meiner Rolle als In-house «Tech-Lead» mit meinem Team zusammen die Supply Chain durchgehend digitalisiert. Dabei ist mir die Idee für die Gründung meines Start-ups iosys gekommen, denn viele KMU in der Fertigungsindustrie haben ähnliche Bedürfnisse.
Was bietet iosys – welches sind ihre USPs?
Einerseits kombinieren wir tiefes Prozessverständnis in der produzierenden Industrie mit Lean Management und IT Expertise. Denn Change Management und Digitalisierung gehen Hand in Hand. Zweitens können wir unsere Kunden von den Anfängen der Digitalisierung – dazu gehören etwa Datenerschliessung, -erfassung und -verarbeitung – bis hin zu fortschrittlichen Use Cases wie interne KI oder KI Agenten beraten und Lösungen implementieren. Das tun wir auf Basis eines technologieneutralen Ansatzes. Das heisst: Unsere Kunden sind nicht von einem spezifischen Hersteller abhängig – es gibt keinen sogenannten «Vendor Lock-In».
Und was noch?
Wir verstehen auch die kulturellen «Eigenheiten» der Schweizer KMU und können sie bei der Digitalisierung nach dem Motto «Hilfe zur Selbsthilfe» unterstützen. Unsere Mission ist es, eine «AI driven» company zu sein: Wir wollen betriebsinterne Prozesse von Anfang an optimieren, digitalisieren und mit Hilfe von KI-gestützten Applikationen automatisieren. So bleiben wir schlank und agil und können unsere Dienstleistungen zu einem attraktiven Preis-Leistungs Verhältnis für unsere Kunden anbieten.
Welches sind die aktuell grössten Herausforderungen für KMU in der Fertigungsindustrie in Bezug auf Digitalisierung und Datentransparenz?
Es gibt verschiedene: Zum Beispiel ist die Digitalisierung nicht in der Strategie verankert. Sie verfolgen einen Bottom-up Approach. Es fehlt ein Management Support. IT wird nur als Kostenfaktor gesehen und nicht als Investition mit einem klaren ROI. Bestehende Tools sind nicht richtig eingeführt und es können viele «Datensilos» entstehen.
«Allerdings ist eine saubere Datengrundlage entscheidend, denn ohne sie nützt auch der beste KI-Agent nichts.»
Chris Ryan, Gründer und CEO iosys.
Sie arbeiten mit einer Kombination von Edge- und Cloud-Technologien. Können Sie die Vorteile dieser Kombination erklären?
Sehr sensitive Daten oder rechenintensive Anwendungen können on Edge verarbeitet werden, ohne dass sie in die Cloud müssen. Die Cloud selber bietet wiederum Vorteile für grosse, skalierbare Datenerfassungs-Architekturen und ermöglicht Firmen von «capital expenditure» – Einkauf von Servern, IT-Personal, etc. – zumindest teilweise zu einem «operations expenditure» – Cloud-Kosten – Finanzierungsmodell zu wechseln.
Weshalb ist es besonders für KMU schwieriger, moderne Technologien zu implementieren?
Zum einen fehlen ihnen etwa die Mittel, um eine oder mehrere Personen zu beschäftigen, die sich ausschliesslich mit der Digitalisierung beschäftigen. Zum anderen ist in vielen KMU die Geschäftsleitung selber stark im Tagesgeschäft eingespannt, so dass die Zeit fehlt, sich mittel- und langfristigen strategischen Themen zu widmen, bei denen die konsequente und nachhaltige Digitalisierung ebenfalls eine Schlüsselrolle zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit und Flexibilität eines Unternehmens spielt.
Welche Rolle spielen Daten bei der Prozessoptimierung?
Ganz einfach: Was nicht gemessen wird, kann nicht verbessert werden. Denn es fehlt die Transparenz, um datengestützte Entscheidungen zu treffen.
Welche Effizienzsteigerung erreichen Unternehmen durch das Aufrüsten von alten Maschinen mit modernen Technologien?
Durch gezielte Retrofits und Berücksichtigen der Schnittstellen bei der Neuanschaffung von Maschinen, der Definition eines einheitlichen Datenmodells, beim dem alle Stakeholder einverstanden sind, lassen sich relativ schnell durch die Berechnung des OEEs – Overall Equipment Effectiveness – und anderen KPIs Ineffizienzen im Produktionsprozess aufdecken und durch gezielte Massnahmen verbessern. Hier ist ist es aber wichtig zu erwähnen, dass der Produktionsprozess zuerst oder begleitend mit bewährten Lean Management Methoden optimiert werden sollte, bevor er mit modernen Technologien digitalisiert wird. So können alle Ebenen von Verschwendungen/ Ineffizienzen angegangen werden, welche zum Teil auch menschengemacht sind.
«Vernetzung ist sehr relevant. Wir sind jetzt zum Beispiel frisch neue Partner im Next Industries Netzwerk – Initiative zur Digitalisierung des Werkplatz Schweiz, bei Swissmem angehängt.»
Chris Ryan, Gründer und CEO iosys.
Wie hilft der modulare Ansatz von iosys Unternehmen dabei, ihren Digitalisierungsprozess schrittweise umzusetzen?
Vor allem KMUs haben einen limitierten Cash Flow. Unser modularer Ansatz ermöglicht es, dass das KMU den Prozess schrittweise umsetzen kann, so wie es für das Unternehmen fiskalisch möglich ist. Zudem lassen sich bereits mit relativ einfachen Massnahmen erste Verbesserungen und Kosteneinsparungen erzielen. So entsteht Vertrauen in unsere Expertise und wir können KMU auf ihrem Weg zur schlanken und transparenten Smart Factory begleiten.
Wie wichtig ist für iosys die Zusammenarbeit mit einem Expertennetzwerk, und wie profitieren Ihre Kunden davon?
Diese Vernetzung ist sehr relevant. Wir sind jetzt zum Beispiel frisch neue Partner im Next Industries Netzwerk – Initiative zur Digitalisierung des Werkplatz Schweiz, bei Swissmem angehängt. So können wir uns mit anderen Experten zu den neusten Trends austauschen und potentielle Synergien ausloten. Damit können wir auch unseren Kunden die am für sie sinnvollsten Technologien anbieten – und zwar zu einem attraktiven Preis-Leistungsverhältnis für KMU. Nur so können wir auch unseren Teil dazu beitragen, den Werkplatz Schweiz nachhaltig zu stärken.
Wie gehen Sie mit Unternehmen um, die Schwierigkeiten haben, den ersten Schritt in Richtung Digitalisierung zu machen?
Hier ist eine fundierte Bedarfsabklärung nötig, um auch die – teilweise berechtigen – Ängste und Sorgen dieser Unternehmen zu verstehen. Es ist wichtig, darauf einzugehen und ihnen gezielt die Potentiale in der Digitalisierung aufzuzeigen. Ein Framework, welches Unternehmen bereits heute selber einsetzen können, ist der sogenannte «Smart Factory Navigator» – dem smartfactorynavigator.com – , welcher aus einem Spin Off der HSG entstanden ist. Mit diesem Framework können produzierende KMU selber ihren aktuellen Stand bestimmen, und die für sie passende Lösung zu ihren aktuellen Herausforderungen auswählen. Sie müssen sich nicht zuerst von einem Anbieter beraten lassen, der ihnen eventuell auch etwas verkauft, was sie zurzeit gar nicht benötigen.
Welche Zukunftsvision haben Sie für die Fertigungsindustrie und die Rolle, die iosys dabei spielen könnte?
In den nächsten Jahren werden Themen wie Sustainability, Datenschutz und neue Regulierungen wie der EU Data und AI Act immer wichtiger. Unternehmen, die das «verschlafen», laufen Gefahr, den Anschluss zu verpassen, was mittel- bis langfristig teuer für sie werden kann. Hier setzt iosys an: Wir unterstützen unsere potentiellen Kunden mit einer nachhaltigen Daten- und AI Governance, welche dann auch eine lückenlose Dokumentation gewährleistet, um neuen Vorschriften gerecht zu werden.
Ist der aktuelle KI-Hype fundiert?
KI wird mittel- bis langfristig ebenfalls an Bedeutung gewinnen, auch wenn die KI-attestierten Fähigkeiten durch den aktuellen Hype etwas überspitzt sind. Aus den Daten, die aus den zahlreichen «Industrie 4.0» Initiativen entstanden ist, lassen sich – auch systemübergreifend – zusammen mit sogenannten «KI-Agenten» zahlreiche Prozesse automatisieren, die bisher nur sehr schwer oder gar nicht automatisierbar waren. Das reicht bis zu «intelligenten», sich selbst regelnden Systemen. Wir sind bei iosys immer am Puls der neusten Entwicklungen und haben bereits erste KI-Agenten-Systeme bei Kunden in Testumgebungen im Einsatz. Unser Ziel ist es, diese Systeme im Laufe von 2025 produktiv zu schalten, nachdem sie ausgiebig getestet wurden.
Was ist die Basis, damit ein KMU so fit gemacht wird?
Allerdings ist eine saubere Datengrundlage entscheidend, denn ohne sie nützt auch der beste KI-Agent nichts. Deshalb unterstützen wir unsere Kunden mit einem ganzheitlichen «from the sensor to the cloud» Ansatz für eine saubere Datenerfassung und -verarbeitung sämtlicher Operations als Grundlage für die Implementierung einer betriebsinternen KI. So helfen wir KMU, ihre Wettbewerbsfähigkeit und Flexibilität nachhaltig zu steigern.